Direkt zum Inhalt

„Ein Rap für Inklusion“ – Ein Gespräch über Inspiration und die Kraft des Raps

Dennis Sonne a.ka. Sittin' Bull streckt die Arme freudig in die Höhe

Dennis Sonne a.k.a. Sittin' Bull beim Videodreh

 

Die Fachstelle Teilhabeberatung geht mit dem Rapper Sittin' Bull neue Wege: Ein speziell produzierter Rap soll die Beratungsangebote mehr ins Gespräch bringen. Wer ist Sittin' Bull? Mit 40 Jahren ist Sittin'Bull, mit bürgerlichem Namen Dennis Sonne, Inklusionsaktivist, Rapper und seit 2022 Sprecher für Inklusion und Behindertenpolitik der Grünen Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen. Nach einem Unfall lebt er seit seinem 20. Lebensjahr mit Mobilitätseinschränkungen – und hat in der Reha die Kraft des Raps entdeckt: „Musik ist Medizin, eine Art Seelentherapie für mich, denn Texte zu schreiben gibt mir Kraft“. Sein Ziel: sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einsetzen und Barrieren abbauen. Die Fachstelle Teilhabeberatung sprach mit Sittin' Bull zu seinem neuen Lied – dem EUTB®-Rap.

Im Jahr 2019 gab es schon eine Kurzversion des heute veröffentlichten Raps. Was inspiriert dich an dem Song, nachdem du 2019 die erste Strophe geschrieben hast? Wie hat sich der Song weiterentwickelt?

2019 hatte ich erstmals Kontakt zur Fachstelle Teilhabeberatung. Ich wurde gefragt, ob ich als Musiker und Moderator Interesse hätte, eine Veranstaltung in Frankfurt zu moderieren und gleichzeitig mit einem Song für die EUTB® für etwas Stimmung zu sorgen. Die Aufgabe war also einen kurzen Text zu schreiben, der sich auf die EUTB® und ihre wertvolle Arbeit bezieht und damit gleichzeitig dafür zu sorgen, dass ein eingängiger Refrain die Menschen zum Mitmachen anregt. Das ist mir geglückt. Es existierte zwar nur die erste Strophe und der Refrain, aber auf der Veranstaltung hatten alle Teilnehmenden Spaß und haben sich wohl gefühlt.

Ich wollte den Song immer neu aufnehmen, und 2024 sollte es endlich klappen. Mitte des Jahres habe ich meine alten Dateien durchgesehen und den Song wiedergefunden. Fünf Jahre nach dem Start des Projekts mit der Fachstelle Teilhabeberatung entschied ich, es abzuschließen – und bin deshalb auf sie zugegangen. Ich bin mit dem Song und dem Video extrem glücklich und hoffe, dass viele Menschen von der wichtigen Arbeit der EUTB® erfahren, die vielleicht ohne dieses Lied nicht davon erfahren hätten.

Was möchtest du den Zuhörenden mit deinem Rap über die Beratungsangebote mit auf den Weg geben?

Ich hatte im Jahr 2004 einen Unfall. Ich bin von einer ungesicherten Flachdachterrasse gefallen. Ich war in einer vollkommen neuen Situation, da ich nun mit einer Querschnittlähmung leben sollte. Ich machte mir Gedanken über Beziehungen, über Freundschaften, über meine Zukunft. Was soll aus mir werden? Wie läuft das überhaupt mit den ganzen Hilfsmitteln? Was sind eigentlich meine Rechte? Habe ich überhaupt Rechte? Diese ganzen Gedanken, die ich mir gemacht habe und Ängste, die ich hatte, waren zum größten Teil unberechtigt. Aber mir war das ja alles nicht klar. Ich hatte keine Möglichkeit, Beratung von Betroffenen für Betroffene zu nutzen, weil es diese nicht gab. Daher weiß ich sehr zu schätzen, dass es die EUTB® gibt und möchte daher mitwirken und helfen, dass andere Menschen von ihr wissen und diese wichtige Beratungsmöglichkeit nutzen. Ich möchte, dass die Zuhörenden verstehen, dass es die beste Beratung von Menschen gibt, die in einer ähnlichen Situation sind. Mir als querschnittgelähmter Mann im mittleren Alter wird vermutlich niemand bessere Tipps in Bezug auf meine Querschnittlähmung und allem, was damit in Zusammenhang steht, geben können, als ein anderer querschnittgelähmter Mann im mittleren Alter, mit einer ähnlichen Läsionshöhe. Ich bin mir da sicher und deswegen bin ich ein großer Fan der Teilhabeberatung.

Wie kann Musik Inklusion und Teilhabe sichtbar machen?

Musikalisch aktiv zu sein war mein erster Schritt, um Inklusion und Teilhabe sichtbar zu machen – ursprünglich aber aus einem ganz persönlichen Grund: Ich wollte etwas für mich tun, meine neue Situation verarbeiten und mir Luft verschaffen. Mit positivem Feedback wuchs mein Projekt weiter. Bei Stadtfesten bemerkte ich, dass die Leute stehen blieben, weil sie es spannend fanden, einen selbstbewussten Rollstuhlfahrer auf der Bühne zu sehen. Das habe ich genutzt und beschlossen, weiterzumachen. So entstanden unzählige Songs und Live-Auftritte.

Wenn wir uns die Musiklandschaft ansehen, ist was Diversität betrifft, noch eine Menge Luft nach oben. Das beginnt bei den Geschlechtern auf Festivals. Auf Festivals ist es sehr männerdominiert, Frauen sind meist seltener auf den Line-Ups zu sehen. Ich habe nach fast 20 Jahren als Musiker mit einem Diversitätsmerkmal schon sehr viele Musikschaffende treffen dürfen, die auch ein Diversitätsmerkmal mitbringen. Wenn diese Menschen mehr Aufmerksamkeit für Bühnenauftritte und Shows erhalten, sorgt diese Sichtbarkeit gleichzeitig dafür, dass Teilhabe und Inklusion sichtbarer werden. Da bin ich fest von überzeugt.

Im kommenden Jahr plane ich die Veröffentlichung meines dritten Studioalbums „Ein Album namens Vielfalt“. Hiermit möchte ich einen Standpunkt in Sachen Vielfalt setzen und hoffe, dass ich damit auch weiterhin für mehr Sichtbarkeit sorgen kann.