Schluss mit der Stigmatisierung
Ein Beitrag von Antje Katrin Müller-Dreßler, Beraterin bei der EUTB® Celle
Nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (Englisch: World Health Organization, kurz WHO) zählen suchterkrankte Menschen zu Personen mit einer „seelischen Behinderung“. Die verschiedenen Arten von Abhängigkeit, Behandlungsmethoden, Abstinenzideal oder akzeptierende Drogenarbeit werden in dem Beitrag nicht behandelt. Weitere Infos dazu gibt es in den hierfür qualifizierten Suchtberatungsstellen. Ebenso empfehlenswert ist es, sich bei Peers zu informieren, zum Beispiel bei der Interessenvertretung Bundesverband JES.
Beratung mit Peer-Aspekt
Die EUTBⓇ Celle berät seit 2018 im Diakonischen Werk zu allen Themen der Teilhabe. Ein Beratungsschwerpunkt mit Peer-Aspekt ist Sucht. Die Themen, mit denen suchterkrankte Menschen in die Beratung kommen, sind häufig die gleichen wie bei nicht Abhängigkeitserkrankten: Schwerbehindertenausweis, familiäre oder finanzielle Probleme, Antragshilfe und so weiter.
Psychische Erkrankungen beziehungsweise seelische Behinderungen bringen per se schon Schwierigkeiten der Anerkennung mit sich. Neben einer erhöhten Komorbidität, d.h. je nach Art und Gebrauch des Suchtmittels kommen eine oder mehrere Erkrankungen zu einer Grunderkrankung hinzu, können auch soziale Isolation und Stigmatisierung mit massiven Teilhabeeinschränkungen Begleiterscheinungen von Sucht sein.
Wenn in der Beratung über die eigene Sucht gesprochen wird, ist der Wunsch bei vielen gleich: weniger Stigmatisierung. Abhängigkeitserkrankte berichten häufig über schlechte und abschätzige Behandlung. Zum Beispiel bei der Arbeitssuche, bei Arztbesuchen oder beim Amt. Leider gibt es immer noch viele Menschen, die Sucht nicht als eine Erkrankung anerkennen, sondern als Charakterschwäche definieren.
Dementsprechend wird Abhängigen häufig nicht viel zugetraut oder sogar misstraut. Den Betroffenen und oft auch ihren Angehörigen fällt es aufgrund solcher Erfahrungen schwer, sich für ihre Interessen stark zu machen. Abhängigkeit muss offen kommuniziert werden dürfen, ohne Angst vor Stigmatisierung. So können Betroffene eine bedarfsgerechte und selbstbestimmte Unterstützung erfahren. Der Grundsatz „Nichts über uns, ohne uns!“ muss auch für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen uneingeschränkt Gültigkeit finden. Egal in welchem Status und Zustand.
12/2022