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Fragen und Antworten zur Deutschen Gebärdensprache (DGS)

2 Hände

Prof. Dr. Christian Rathmann, Humboldt-Universität zu Berlin, Abteilung Deaf Studies und Gebärdensprachdolmetschen am Institut für Rehabilitationswissenschaften

Mit Prof. Rathmann hat die Fachstelle Teilhabeberatung einen Experten zu den wichtigsten Fragen rund um das Thema Deutsche Gebärdensprache. Heute und in den kommenden Newslettern möchten wir gemeinsam mit ihm zu diesem Thema informieren und aufklären.

Ist die Deutsche Gebärdensprache eine Sprache?
Prof. Dr. Rathmann: Ja, die Deutsche Gebärdensprache ist eine eigenständige Sprache mit allen sprachlichen Eigenschaften.
 

Eine Gebärde setzt sich aus fünf Bestandteilen zusammen:

  • Handform
  • Handorientierung (Stellung der Handfläche und der ausgestreckten Finger)
  • Ausführungsstelle
  • Bewegung
  • Nicht manuelle Komponenten (z.B. Augenbrauen, Kopfstellung, Mund und Körperhaltung)

Gebärden werden in Wortklassen eingeteilt:

  • Verben
  • Substantive
  • Adjektive/Adverbien
  • Funktionswörter (Frage, Verneinung, Zeitlinie usw.)

Die Raumnutzung gehört ebenfalls zu den elementaren Eigenschaften der Gebärdensprache. Neben den verschiedenen Satztypen, wie Frage- und Antwortsätze oder Verneinungen gibt es in der Deutschen Gebärdensprache auch verschiedene Gebärdentextsorten. Dazu zählen unter anderem Erzählung, Beschreibung, Argumentation und Bericht.
Neben der Deutschen Gebärdensprache gibt es weltweit etwa 200 Gebärdensprachen.

Ist die Deutsche Gebärdensprache gesetzlich anerkannt?
Prof. Dr. Rathmann: Ja, im Jahr 2002 wurde sie im „Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Abschnitt 1 § 6 (1))“ gesetzlich anerkannt. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn die sprachlich-kulturelle Förderung der Deutschen Gebärdensprache zukünftig noch mehr berücksichtigt wird.

Gibt es für Kinder mit Hörbehinderungen die Möglichkeit, die Deutsche Gebärdensprache zu erlernen?
Prof. Dr. Rathmann: Für Kinder, bei denen im Rahmen des Neugeborenen-Hörscreenings eine Hörbehinderung festgestellt wurde, ist das Erlernen der Deutschen Gebärdensprache (neben der deutschen Schrift- und Lautsprache sowie anderen Sprachen) von großer Bedeutung. Dies ist sowohl aus psycholinguistischer, neurolinguistischer und sozialpsychologischer Perspektive äußerst sinnvoll.
Für die Eltern und Kleinkinder mit Hörbehinderungen gibt es den gesetzlichen Anspruch auf Leistungen wie den Hausgebärdensprachkurs und der gebärdensprachlichen Kindergartenassistenz.

Die Beratungsangebote der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung sind Anlaufstellen, wo Eltern Informationen und Unterstützung bekommen können.

Weiterführende Informationen:

06/2023