Selbstbestimmung
Das Wort Selbst-Bestimmung kennt man im Alltag.
Das bedeutet etwas Gutes.
Jeder Mensch wünscht sich:
Über mein Leben möchte ich selbst bestimmen.
Ich möchte alles selbst entscheiden.
Das ist Selbst-Bestimmung.
Ich möchte nicht von anderen bestimmt werden.
Niemand anders soll für mich entscheiden.
Das ist Fremd-Bestimmung.
Wenn andere Menschen über das Leben von einer Person entscheiden.
Selbst-Bestimmung ist das wichtigste Thema in der Arbeit von der
Teilhabe-Beratung.
Was bedeutet Selbst-Bestimmung für Menschen mit Behinderungen?
Selbst-Bestimmung ist nicht das Gleiche wie Unabhängigkeit.
Unabhängigkeit bedeutet:
Man kann alles ohne Hilfe machen.
Ein Mensch mit einer körperlichen Behinderung braucht Hilfen.
Oft helfen andere Menschen der Person.
Trotzdem kann die Person mit Behinderung selbst-bestimmt leben.
Denn die Entscheidung für das eigene Leben trifft die Person immer selbst.
Das macht niemand anders für diese Person.
Auch Menschen mit Lern-Schwierigkeiten brauchen Hilfe von anderen Menschen.
Trotzdem können sie selbst-bestimmt leben.
Auch Menschen mit Lern-Schwierigkeiten entscheiden immer selbst über ihr Leben.
Welche deutschen Gesetze regeln die Selbst-Bestimmung?
Die Regeln für Selbst-Bestimmung stehen in verschiedenen deutschen Gesetzen.
Selbst-Bestimmung im Grund-Gesetz
Das wichtigste Gesetz in Deutschland ist das Grund-Gesetz.
Darin stehen alle Rechte von den Menschen in Deutschland.
Der Text vom Grund-Gesetz ist in kurze Abschnitte unterteilt.
Diese Abschnitte heißen Artikel.
In Artikel 2 steht:
Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit.
Das bedeutet:
Jeder darf so sein, wie er oder sie ist.
ABER:
Man darf niemals die Rechte von anderen Menschen verletzten.
Und man muss immer die Regeln vom Staat beachten.
Früher dachte man:
Menschen mit Behinderung brauchen viel Betreuung.
Und andere Personen müssen viel für Menschen mit
Behinderungen entscheiden.
Das können Menschen mit Behinderungen nicht selbst
machen.
Aber das war falsch.
Deshalb wurde das Grund-Gesetz geändert.
Seit 1994 steht in Artikel 3:
Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Das bedeutet:
Menschen mit Behinderungen haben die gleichen Rechte wie alle
anderen Menschen.
Sie dürfen nicht ausgeschlossen werden.
Dieser neue Satz im Artikel 3 ist eine wichtige Regel.
Diese neue Regel hatte Folgen für andere Gesetze.
Sie mussten auch geändert werden.
Selbst-Bestimmung im Sozial-Gesetz-Buch
Die Selbst-Bestimmung ist auch im Sozial-Gesetz-Buch geregelt.
Die Abkürzung dafür ist: SGB
In dem Gesetz stehen alle Regeln für Hilfen vom Staat.
Zum Beispiel für die Pflege.
Oder die Betreuung.
In diesem Gesetz steht dieser schwere Satz:
Menschen mit Behinderungen sollten nicht länger Objekt der Fürsorge sein,
sondern selbstbestimmte Bürger und Bürgerinnen.
Das bedeutet:
Man soll Menschen mit Behinderungen nicht so behandeln:
Wie Menschen, die man immer betreuen muss.
Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf
Selbst-Bestimmung.
Menschen mit Behinderungen können selbst über ihr Leben entscheiden.
Niemand anders soll über ihr Leben entscheiden.
In diesem Gesetz steht auch dieser schwere Satz:
Behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen
nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden
Leistungsgesetzen, um ihre Selbst-Bestimmung und gleichberechtigte
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu
vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken.
Das bedeutet:
Menschen mit Behinderungen bekommen Hilfen.
Hilfen bekommen auch Menschen:
Wenn sie von einer Behinderung bedroht sind.
Zum Beispiel:
Wenn man wegen einer Krankheit vielleicht eine Behinderung bekommt.
In diesem Gesetz-Buch steht:
Diese Hilfen gibt es.
Von diesen Firmen kommen die Hilfen.
Diese Regeln müssen die Firmen beachten:
Wenn sie Hilfen anbieten.
Die Hilfen sind für die Teilhabe.
Damit alle alles mitmachen können.
Niemand darf Nachteile haben.
Und niemand soll ausgeschlossen werden.
Alle sollen die gleichen Möglichkeiten haben.
Auch wenn Menschen von einer Behinderung bedroht sind:
Sollen sie alles mitmachen können.
Im 9. Buch von dem SGB steht:
Das ist die Ergänzende unabhängige Teilhabe-Beratung.
Sie wird vom Bundes-Ministerium für Arbeit und Soziales bezahlt.
Diese Beratung ist für Menschen mit Behinderungen.
Und für Menschen, die von einer Behinderung bedroht sind.
Die Teilhabe-Beratung soll bei der Selbst-Bestimmung helfen.
Die Teilhabe-Beratung ist ein Angebot.
Jeder soll dieses Beratungs-Angebot nutzen können.
Selbst-Bestimmung kommt auch in dem Buch 11 vom SGB vor.
Da geht es um die soziale Pflege-Versicherung.
Das ist eine Versicherung für die Pflege im Alter.
Im Buch 11 vom SGB steht:
Für Menschen, die eine Pflege brauchen:
Gibt es Hilfen von der Pflegeversicherung.
Auch wenn Menschen Hilfe brauchen:
Sollen diese Menschen selbst über ihr Leben bestimmen.
Sie sollen eigene Entscheidungen treffen.
Und so selbstständig wie möglich leben.
Die Menschen sollen sich genauso wichtig fühlen wie andere Menschen.
Selbst-Bestimmung im Bundes-Teilhabe-Gesetz
Damit die Teilhabe für alle Menschen gut klappt:
Wurde ein neues Gesetz gemacht:
Bundes-Teilhabe-Gesetz.
Die Abkürzung ist: BTHG.
In diesem Gesetz steht nicht mehr Behinderte.
In diesem Gesetz steht: Menschen mit Behinderungen.
In dem Gesetz steht auch:
Menschen mit Behinderungen sollen genauso am Leben teilhaben wie
alle anderen Menschen.
Sie sollen gleich berechtigt sein.
Im Gesetz heißt das:
Volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe.
Es gibt Geld für eine Teilhabe-Beratung.
Damit Menschen mit Behinderungen besser selbst über ihr Leben
bestimmen können.
Und Menschen, die von einer Behinderung bedroht sind.
Selbst-Bestimmung im UN-Vertrag
UN-Vertrag ist die Abkürzung für:
UN-Behinderten-Rechts-Konvention.
Man kann auch sagen: UN-BRK.
Das ist ein Vertrag.
Darin stehen die Rechte für Menschen mit Behinderungen.
Diese Rechte sollen auf der ganzen Welt beachtet werden.
Im UN-Vertrag geht es sehr oft um Selbst-Bestimmung.
Weil das ein sehr wichtiges Thema ist.
An 6 Stellen kommt Selbst-Bestimmung im UN-Vertrag vor.
- Vorwort
Das ist der Text vor den Regeln.
Da wird erklärt:
Darum geht es in dem Vertrag.
Deshalb sind diese Regeln wichtig. - Artikel 3
Da geht es um allgemeine Rechte von
Menschen mit Behinderungen.
Zum Beispiel.
Um die Teilhabe von allen Menschen.
Oder um die Gleich-Berechtigung von Mann und Frau. - Artikel 9
Da geht es um Barriere-Freiheit. - Artikel 19
Da geht es um das selbstbestimmte Leben.
Und um die Teilhabe in allen Lebens-Bereichen. - Artikel 20
Da geht es um das Thema Mobilität.
Das bedeutet:
Wie kommt man von einem Ort an einen anderen Ort.
Welche Verkehrs-Mittel kann man gut benutzen.
Braucht man Hilfe. - Artikel 26
Da geht es um die Ausbildung und Weiter-Bildung.
Und es geht um Wieder-Eingliederung.
Das bedeutet:
Etwas wieder so machen wie vorher.
Zum Beispiel:
Nach einer Krankheit wieder so arbeiten wie vor der Krankheit.
Oder nach einem Unfall wieder so gesund sein wie vor dem Unfall.
Im UN-Vertrag steht ein anderes Wort für Selbst-Bestimmung:
Unabhängigkeit.
Oder:
Unabhängige Lebens-Führung.
Aber diese Wörter sind nicht ganz richtig.
Deshalb gibt es eine andere Übersetzung.
Sie ist von NETZWERK ARTIKEL 3 – Verein für Menschen-Rechte und Gleichstellung Behinderter e.V.
In dieser Übersetzung findet man auch die Wörter:
Selbst-Bestimmung.
Selbstbestimmt leben.
In Österreich gab es eine Übersetzung vom UN-Vertrag.
Dort stand immer das Wort: Unabhängigkeit.
Diese Übersetzung musste geändert werden.
Jetzt steht auch in der Übersetzung von Österreich immer:
Selbst-Bestimmung.
Auf diesen Internet-Seiten gibt es mehr Infos zum UN-Vertrag:
-
Institut für Menschenrechte
Dort finden Sie verschiedene deutsche Texte vom UN-Vertrag.
Dort finden Sie auch den englischen Text vom UN-Vertrag.
Hier geht es zu dieser Internet-Seite:
Institut für Menschenrechte -
NETZWERK Artikel 3
Hier finden Sie die Übersetzung vom UN-Vertrag von
NETZWERK Artikel 3.
Es gibt diesen Text in verschiedenen Arten:
Zum Beispiel:
Als kurze Zusammenfassung.
Da steht nur das Wichtigste drin.
Oder als langen Text.
Hier geht es zu dieser Internet-Seite:
Übersetzung vom NETZWERK ARTIKEL 3 -
Österreichische Übersetzung vom UN-Vertrag:
Übersetzung vom UN-Vertrag aus Österreich
Fach-Ausschuss von der UN
Bei der UN gibt es einen Fach-Ausschuss.
Das ist eine Arbeits-Gruppe.
Dort arbeiten Menschen mit Behinderungen.
Sie prüfen:
Wie werden die Regeln vom UN-Vertrag beachtet.
Zum Thema Selbst-Bestimmung hat die Arbeits-Gruppe gesagt:
Es muss genug Geld für Hilfen geben.
Damit niemand gegen seinen Willen in einem Heim leben muss.
Oft denken andere Menschen:
In einem Heim sind immer alle Hilfen da.
Deswegen sind Heime gut für Menschen mit Behinderungen.
ABER:
Menschen mit Behinderungen sollen selbst entscheiden:
Ich will in einem Heim leben.
Oder.
Ich will nicht in einem Heim leben.
Niemand anders darf das bestimmen.
Auch wenn manche Menschen sehr viele Hilfen brauchen.
Die Arbeits-Gruppe sagt auch:
Es soll keine Heime für Menschen mit Behinderungen mehr geben.
Es ist besser:
Wenn es mehr Geld für selbstbestimmtes Leben gibt.
Zu diesem Thema hat der Fach-Ausschuss einen Text geschrieben.
Der Text heißt:
Abschließende Bemerkungen.
Auf dieser Internet-Seite steht der Text:
Abschließende Bemerkungen auf der Internet-Seite vom
Deutschen Institut für Menschen-Rechte
Achtung:
Der Text auf dieser Internet-Seite ist in schwerer Sprache.
Was sagt der Fach-Ausschuss zum Thema Selbst-Bestimmung?
2017 hat die Arbeits-Gruppe über Selbst-Bestimmung gesprochen.
Die Experten haben gesagt:
Ein selbstbestimmtes Leben ist nur außerhalb von Heimen möglich.
In einem Heim lebt man nicht selbstständig.
ABER:
Das Leben in einer eigenen Wohnung heißt nicht:
Man lebt selbstbestimmt.
Zum Beispiel:
Man muss immer um 18 Uhr ins Bett.
Weil nur dann eine Assistenz kommen kann.
Und einem hilft.
Das ist kein selbstbestimmtes Leben.
Denn man kann nicht selbst entscheiden:
Um diese Uhrzeit möchte ich ins Bett.
Die Experten von der Arbeits-Gruppe sagen:
Wenn Menschen mit Behinderungen in einer Wohnung betreut werden:
Muss man sie immer fragen:
Wann soll es welche Hilfen geben.
Das ist der Link zu dem Text von der Arbeits-Gruppe.
Der Text heißt:
Allgemeine Bemerkung vom UN-Fachausschuss
Achtung:
Dieser Text ist in schwerer Sprache.
Und dieser Text ist nicht auf Deutsch.
Es gibt den Text auf Englisch.
Und in vielen anderen Sprachen.
Man kann die Dokumente in verschiedenen Formaten lesen.
Zum Beispiel in Word.
Oder als PDF.
Die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung in Deutschland
Vor über 30 Jahren hat sich in Deutschland eine Gruppe gegründet:
Selbstbestimmt-Leben-Bewegung.
In dieser Gruppe sind Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen.
Sie kämpfen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Die Gruppe beachtet bei ihrer Arbeit die Menschen-Rechte.
Das sind Grund-Rechte von allen Menschen.
Diese Rechte gelten auf der ganzen Welt.
Die Gruppe hat in vielen Orten in Deutschland Zentren für
Selbstbestimmtes Leben gegründet.
In einem Zentrum kann man sich treffen.
Und zu einem bestimmten Thema arbeiten.
Man kann sich mit anderen austauschen.
Wenn es mehr als 1 Zentrum gibt, sagt man: Zentren.
Die Abkürzung von Zentren für Selbstbestimmtes Leben ist: ZSL.
Das erste Zentrum für Selbstbestimmtes Leben gab es in Bremen.
Das Zentrum wurde im Jahr 1986 gegründet.
Das ist die Internet-Seite von den Treffpunkten der ZSL:
Deutsche Zentren für Selbstbestimmtes Leben auf der Seite der ISL e.V.
Seit dem Jahr 1990 gibt es einen Dach-Verband.
Das ist eine Gruppe von Vereinen.
Alle Vereine arbeiten zum gleichen Thema.
Ein Dach-Verband kann ein Thema in der Politik bekannt
machen.
Und sich in der Politik für das Thema stark machen.
Der Dach-Verband für die Zentren für Selbstbestimmtes Leben heißt:
Interessen-Vertretung Selbstbestimmtes Leben in Deutschland e.V. – ISL.
Dieser Dach-Verband kämpft in Deutschland für die Selbst-Bestimmung von Menschen mit Behinderungen.
Was sagt die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung über
Selbst-Bestimmung?
Das Thema Selbst-Bestimmung ist sehr wichtig in der Arbeits-Gruppe.
Die Arbeits-Gruppe hat die englische Erklärung für Selbst-Bestimmung so übersetzt:
Selbstbestimmt leben bedeutet:
Man hat Kontrolle über das eigene Leben.
Man hat verschiedene Möglichkeiten:
Mit welchen Hilfen man den Alltag gut schafft.
Diese Rechte hat man:
- Man kann seine eigenen Sachen selbst regeln.
- Man kann bei allen Sachen gut mitmachen.
- Man kann verschiedene Aufgaben in der Gemeinschaft haben.
Zum Beispiel:
Man kann Eltern sein.
Man kann arbeiten und Kollege oder Kollegin sein.
Man kann Chef sein. - Man trifft Entscheidungen selbst.
Man braucht dabei keine Hilfe von anderen. - Jeder Mensch weiß selbst:
Das ist Selbst-Bestimmung für mich.
Autorin: Sigrid Arnade